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Solo-Trip nach Jamaika

  • Autorenbild: Melani
    Melani
  • 18. März 2023
  • 8 Min. Lesezeit

Aktualisiert: 24. März 2023

2021 gab ich mir ein Versprechen: Jedes Jahr eine Fernreise. Jedes Jahr die Grenzen Europas verlassen und in fremde Kulturen eintauchen. Das Ende 2022 kam immer näher und näher, ich noch immer nicht mein Versprechen eingelöst. Also schaue ich mir an, wo ich bis zum Jahresende noch hin könnte. Am liebsten in die Sonne, der Winterdepression einen Strich durch die Rechnung machen. Am besten günstig. Nach "langer" Recherche ist die Entscheidung gefallen: 3,5 Wochen Jamaika ohne Plan!


Der Tag des Abflugs ist endlich da. Bei der Passkontrolle in Montreal, Kanada, wo ich einen Tag Zwischenstopp habe, werde ich zu meinem kurzen Aufenthalt in Kanada befragt. Ein Gespräch mit Folgen, denn der Mann am Schalter schafft es tatsächlich, mir ein mulmiges Gefühl einzuflößen. Er ist fassungslos als ich ihm sage, dass ich alleine nach Jamaika fliege und bis auf die ersten zwei Nächte in einem Hostel nichts gebucht habe. Ich habe mich wie ein kleines Kind in der Schule gefühlt, dass etwas Schlimmes getan hatte und sich nun für sein Tun rechtfertigen muss. Und mit diesem Gefühl fliege ich am nächsten Tag nach Montego Bay. Mein erster Stopp auf der jamaikanischen Insel. Die Tatsache, dass mein Taxifahrer komplett zugeraucht ist und mein Hostel in dem chaotischen und etwas schmutzigem Downtown liegt, verstärkt das Gefühl noch mehr. Einer meiner ersten Gedanken: Wenn meine Eltern wüssten, wo ich gerade bin, Melani Melani. Ich versuche, mich selbst zu beruhigen und nicht zuzulassen, dass die Ängste anderer zu meinen werden.


Montego Bay


Dieses anfänglich mulmige Gefühl schwindet glücklicherweise schnell. Meine erste Unterkunft, das Hostel "Mobay Kotch" hat dabei einen großen Beitrag geleistet. Ein Ort, der zu meiner Base und meinem Zuhause in Jamaika geworden ist. Ein Ort, an dem ich wundervollen Menschen begegnet bin. Gleich an meinem zweiten Tag auf Jamaika besuche ich die traumhaften Strände der Stadt, die sich alle auf derselben Straße befinden. Ich fühle mich von Stunde zu Stunde wohler und bereits am zweiten Tag ist jegliche Angst verschwunden. Insgesamt drei Mal kehre ich während meiner Reise an diesen Ort zurück. Beim ersten Mal in Montego Bay, kurz Mobay genannt, bleibe ich zwei Nächte und gehe dann weiter nach Negril, das für einen der weltweit schönsten Strände, dem Seven Mile Beach, bekannt ist. Da ich auf der Insel immer mit den lokalen Busen und sogenannten Route Taxis unterwegs bin, bin ich meist die einzig (gebräunte) Weißhäutige. Spitznamen wie "Whitey" und zahlreiche Blicke sind für mich irgendwann zur Gewohnheit geworden. Ich habe es mit Humor genommen und ein noch besseres Verständnis dafür bekommen, wie es ist eine augenscheinliche Minderheit zu sein. Auf meiner Route durch das Land begegnen mir viele interessierte und liebe Einheimische mit denen ich ins Gespräch komme. Nicht nur Frauen, sondern auch Männer, sind teilweise sehr überrascht als ich ihnen sage, dass ich das Land auf eigene Faust erkunde. "Du bist unglaublich mutig!" bekomme ich mehrmals zu hören. Auf dieser Reise ist mir das zum ersten Mal so richtig klar geworden. Lasst mich euch eines sagen: Mut fühlt sich lebendig an.


In Negril erlebe ich die schönsten Sonnenuntergänge, koste das jamaikanische Nachtleben aus und genieße die Zeit an diesem endlos langen Strand. Die Stadt hat einiges zu bieten und ist im Vergleich zu Montego Bay viel ruhiger, aber dennoch touristischer. Einmal kommt es allerdings vor, dass mich ein Mann am helllichten Tag am Strand verfolgt und unschöne Dinge zu mir sagt. Ich behalte die Ruhe und ,flüchte' zu einem Strandabschnitt, wo einige Securities des Hotels im Schatten sitzen. Sie bieten mir Schutz und verjagen den Mann ein weiteres Mal als dieser wieder zurückkehrt. Das ist die einzig "gefährliche" Situation während meiner gesamten Reise.


Negril


Nach Negril geht es wieder zurück nach Montego Bay, wo ich unter anderem bei einem Fußballspiel der jamaikanischen Premier League unter den Zuschauern sitze und in einem naheliegenden Ort names "Falmouth" dank dem Naturschauspiel der Biolumineszenz oder wie ich es nenne "Polarlichter des Ozeans" im blau leuchtendem Wasser schwimme. Es ist alles so aufregend und irgendwie fühlt es sich an, als würde die Zeit stillstehen.


Montego Bay II


Die Reise geht im lokalen Bus weiter nach Ocho Rios. Ich verbringe die Fahrt damit , eine Unterkunft zu finden, nachdem ich von der ersten eine Absage erhalte, werde ich fündig und lande in einem Hotelzimmer, welches ein überdimensional großes Bett hat und für den jamaikanischen Standard echt komfortabel ist. Nach dem Hostelleben schätzt man solche Unterkünfte immer noch mehr. Was mich allgemein etwas überrascht hat, ist, dass die Hotellandschaft in Jamaika zu wünschen übrig lässt. Entweder gibt es die immens teuren All-Inclusive-Resorts um mehrere hundert Euro pro Nacht oder unter dem europäischen Standard gehaltene Hotels um die 80-100 Euro pro Nacht. Hier muss ich allerdings dazusagen, dass der Dezember zur Hauptsaison zählt und ich eben nichts im Voraus gebucht habe.


Ocho Rios ist ziemlich touristisch und begeistert Backpacker nicht sonderlich. Dennoch verbinde ich mit diesem Ort so viele tolle Erlebnisse und Erinnerungen. Ich halte einen Ammenhai und Rochen in den Armen und darf sie füttern, mache eine Bar-Hopping-Tour mit Alex und George aus dem ersten Hostel, verbringe einen erlebnisreichen Nachmittag mit Paul beim Dunn's River Falls, wo wir wie kleine Kinder die Wasserfälle hinauf- und hinunterklettern, lerne zusammen mit ihm auch viele Einheimische kennen mit denen wir uns austauschen und gegen die er auf der "Street" im Poker gewinnt, wir lassen uns von einem Straßenverkäufer und leidenschaftlichem Gärtner erzählen, wie man jamaikanische Spezialitäten zubereitet und essen das leckerste vegetarische Essen im Reggae Pot Rastarant. Den Neujahrstag am Strand zu verbringen kann schon was!


Ocho Rios


Am Nachmittag des 31. Dezembers geht es mit dem Bus in die Hauptstadt Kingston. Eine Stadt vor der man sogar von Einheimischen gewarnt wird. Es ist gefühlt jeder aus dem ersten Hostel zu Neujahr in Kingston und so kommt es, dass wir als Gruppe zur Strandpromenade fahren. Aus Platzgründen sitze ich während der Fahrt im Kofferraum des Taxis. Ich sage euch, die Taxi- und Busfahrten in Jamaika sind ein Erlebnis an sich! Unzählige Menschen haben sich zusammengefunden, aus den Boxen ertönt Reggae, etliche Menschen tanzen und singen, überall strahlende Gesichter. Touristen gibt es unter den Menschen nur sehr wenige. Dann ist es soweit: der Countdown leitet das Feuerwerk ein und die Musik unterstreicht die ausgelassene, tolle Stimmung. Junge, alte, verliebte, fremde und verwandte Menschen, alle wünschen sich ein frohes neues Jahr. In dem Moment wird mir wieder bewusst, wie gesegnet ich bin, dass ich so etwas fernab von meinem Zuhause erleben darf. Die Welt zu bereisen ist ein großes Privileg, das sich viele Menschen nicht leisten können, und deshalb ist es mir umso wichtiger, es in vollen Zügen zu genießen und alle mit meinen Fotos, Videos und Zeilen mitzunehmen.


Kingston


Nach der Neujahrsfeier geht es zurück ins Hostel. Zusammen mit den Jungs versuchen wir über eine App ein Taxi zu bekommen und warten an der Straßenecke bis dieses erscheint. Währenddessen nähert sich uns ein Mann, der sich als Polizist in Zivil enttarnt und uns sagt, dass es nicht gerade schlau sei, hier zu warten und es eine gefährliche Gegend sei. Er wartet mit uns bis das Taxi ankommt und verabschiedet sich als wir ins Auto steigen. Am nächsten Tag entscheide ich spontan eine Gruppe bzw. Familie, die ich ebenfalls im Hostel in Mobay kennengelernt habe, in die Berge Jamaikas, den Blue Mountains, zu begleiten. Ich wollte da sowieso hin und da Kingston für mich als alleinreisende Frau sich nicht als sehr sicher erwies, war das die beste Idee, um nach den ganzen aufregenden Erlebnissen in den Bergen zur Ruhe zu kommen und die Natur zu genießen. Die Fahrt in die Unterkunft "Jay's Guest House" ist ein Paradies für die Augen und ein Geschenk für die Lunge. Am nächsten Morgen werden wir schon um 2 Uhr Früh abgeholt und begeben uns auf die Wanderung zum höchsten Punkt Jamaikas, um von dort aus die Sonne aufgehen zu sehen. Mit dem Jeep geht es auf den unebenen Straßen zum Punkt, wo unsere Route startet. 2,5 Stunden wandern wir mit unserem Guide bis zum Peak des Berges. Dort angekommen brechen wir in verzweifeltem Lachen aus als es so vernebelt und verregnet ist, dass von der Sonne keine Spur bleibt. Wir nehmen es mit Humor und begeben uns nach einer kurzen Pause wieder auf den Rückweg. Aufgrund des Regens und Nebels herrschte auf dem Berg so eine einzigartig mystische Atmosphäre. Auf dem halben Weg haben wir dann auch noch einen schönen sonnigen Ausblick über die Blue Mountains genießen können. Insgesamt haben wir an diesem Tag einen Halbmarathon zurückgelegt und das war es sowas von wert!


Blue Mountains


Nach den Bergen verabschiede ich mich von dieser wundervollen Gruppe und ziehe alleine weiter. Es geht mit dem lokalen Bus in das bekannte Port Antonio. Ein Ort, wo schon einige Filme gedreht wurden. Wieder eine wunderschöne Fahrt dorthin, deshalb empfehle ich euch einen Fensterplatz zu ergattern. Dort angekommen schleppe ich meinen Koffer zur Unterkunft und erfahre bei der Ankunft, dass sie komplett ausgebucht sind. Die Besitzerin und ihr Sohn sind sichtlich bemüht, eine neue Unterkunft für mich zu finden. Generell stehen mir die beiden jederzeit hilfsbereit zur Seite, z.B. durch Fahrten oder das Umhängen meiner nassen Wäsche nachdem ich eingeschlafen war und Regen vorhergesagt wurde. Falls ihr jemals nach Port Antonio kommen solltet: Mesmerize Guest House ist der ideale Ort zum Verweilen. Und bitte lasst die beiden von mir grüßen! Port Antonio hat viel zu bieten: wunderschöne Strände, einige Aktivitäten wie eine Rafting Tour auf dem Rio Grande, eine süße Stadt und leckeres Essen.


Port Antonio


Nachdem ich schon einige Tage in Port Antonio verbracht habe, mache ich mir Gedanken, wohin es weitergehen soll. Entweder in den Süden der Insel oder zurück in den gewohnten Nordwesten. Und wie es das Schicksal so will, treffe ich eines späten Nachmittags auf zwei Reisende. Nachdem wir bei einem plötzlichen Regenfall auf einem überdachten Steg Unterschlupf finden, kommen wir ins Gespräch und die beiden sind so nett, dass sie mich am nächsten Tag spontan mitnehmen. Die Fahrt war einfach unvergesslich und lustig. Zuerst geht es für uns nach Kingston, um den dritten Reisenden unter ihnen abzuholen, danach begeben wir uns Richtung Treasure Beach an der Südküste Jamaikas. Ich muss gestehen, dass ich mir von Treasure Beach mehr erwartet habe. Allerdings gibt es in den umliegenden Städten einige Orte und Aktivitäten, die man sich nicht entgehen lassen sollte: YS Falls, Black River Safari Tour und Bamboo Avenue. Außerdem gönne ich mir eine feinere Unterkunft, die den Aufenthalt in Treasure Beach aufpeppt. Eine unvergessliche Fahrt und einen erlebnisreichen Vormittag später verlassen mich die Jungs und ziehen weiter.


Treasure Beach und Black River


Nach zwei Tagen wird es auch für mich wieder Zeit, aufzubrechen. Und der Transport gestaltet sich etwas schwieriger als gedacht. Ich möchte zurück nach Negril, die letzte Woche noch am Strand verbringen und maximal Sonne tanken. Ein direkter Transport vom Hotel aus würde mich 170 Dollar kosten. Ich bin am verzweifeln und dann kommt am nächsten frühen Morgen die Lösung. Ich spreche nochmals mit der Rezeptionistin und sage im Gespräch den alles entscheidenden Satz: "Ich habe gar kein Problem damit, mit den Einheimischen bzw. lokalen Transportmitteln zu fahren". Sie organisiert mir einen kostenlosen Hotel-Shuttle zur nächstgelegenen Busstation. Fünf verschiedene Route-Taxi-Fahrten nachher und läppische 8,20 Dollar leichter komme ich in Negril an. Es folgen traumhafte Sonnenuntergänge und noch einige entspannte Tage in der Sonne.


Negril II


Vor meiner Rückreise kann ich es mir nicht nehmen lassen, noch zwei Tage in Montego Bay zu verbringen. Da, wo alles begann. Diesmal gönne ich mir ein Einzelzimmer im Hostel. Ich gehe nochmals alle Strände ab, gönne mir die legendären Sandwiches des Streetfood-Standes in Downtown, kaufe Souvenire für Zuhause und nehme schließlich Abschied von Jamaika. Und wisst ihr, was ein besonders schönes Gefühl in mir auslöste? Während ich zu Beginn noch auf meine jamaikanische Simkarte bzw. Google Maps angewiesen war, kenne ich mich bereits beim zweiten Mal in Mobay bestens aus und fühle mich wie eine Einheimische. Es ist etwas ganz Spezielles, wenn man in einer fremden Stadt absolute Orientierung hat.


Montego Bay III


Apropos Orientierung. Ich möchte euch auf gar keinen Fall einen Einblick in die legendären, abenteuerlichen Fahrten mit den öffentlichen Verkehrsmitteln vorenthalten:



Dadurch, dass ich gefühlt ganz Jamaika gesehen habe, muss ich die Insel nicht nochmals besuchen. Ich gehöre zu den Menschen, die einen Ort nur selten ein weiteres Mal besuchen und lieber unbekannte Destinationen erkunden. Aber ich verbinde so viele schöne Begegnungen mit dieser Insel. Auch wenn ich über Weihnachten und Silvester weg war und einem vor allem zu dieser Zeit die Familie am meisten fehlt, habe ich mich in Jamaika sehr gut aufgehoben gefühlt und wundervolle Menschen um mich herum gehabt. Was mich die Reise außerdem gelehrt bzw. es nochmals bestätigt hat: Man sollte sich immer selbst ein Bild von einem Land machen und sich nichts einreden lassen! Das sollte nicht nur mit Orten, sondern auch mit Menschen der Fall sein. Macht euch selbst ein Bild und geht unvoreingenommen in Begegnungen hinein.

Für alle jene, die bereits schon vorher mit dem Gedanken gespielt haben, Jamaika zu besuchen: Macht es, bucht euch das Ticket und los gehts! Für diejenigen, die Jamaika noch nie auf ihrem Radar hatten: Ihr verpasst eine entspannte, vielfältige, karibische Auszeit mit täglich 30 Grad im europäischen Winter!

Meine Tipps für Jamaika findet ihr hier.

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