Travel Story: Petra, Jordanien
- Melani

- 19. Sept. 2021
- 4 Min. Lesezeit
Wir schreiben den 20. Juni 2019. Ich bin in Jordanien unterwegs. Nachdem ich ein paar Tage in der Wüste Jordaniens, Wadi Rum, verbracht habe, geht es nach Petra. Dort übernachte ich in einem Hotel direkt am Eingang der archäologischen Stätte. Ich wurde bereits in der Wüste von Momo (siehe Travelstory) gewarnt, dass die Beduinen in Petra sehr aufdringlich wären und ich mir nichts andrehen lassen solle. Er warnte mehrmals, also habe ich mir dies im Hinterkopf behalten. In Petra angekommen, spaziere ich nach dem Check-In direkt zur Ruinenstätte. Es ist einfach atemberaubend schön.

Auf meinem Weg durch Petra gehe ich hin und wieder an Beduinen vorbei. Viele von ihnen leben vom Tourismus und versuchen durch Touren (Ritt auf einem Esel durch die Ruinenstätte, gemeinsames Wandern zu Aussichtspunkten, etc.) Geld zu machen. Ein junger Mann (man sieht ihn sogar auf zwei der Bilder unten; braune Weste, langärmliges, rotes Shirt) spottet mich und weicht nicht mehr von meiner Seite. Er versucht mir allerlei Touren anzudrehen. Ich antworte mehrmals mit einem freundlichen "No, thank you!". Bis er schließlich fragt, wieso ich denn die ganze Zeit "Nein, danke" sage. Ich antworte ihm - natürlich auf Englisch und in einem sehr freundlichen Ton - dass ich ihn auch einfach hätte ignorieren können, aber nett bin und dankend verneine. Man konnte sofort merken, dass ihn meine Antwort verblüfft hatte. Ich kann mir schon vorstellen, wie mühsam es sein muss, von Touristen ignoriert zu werden, während man einfach nur versucht, über die Runden zu kommen. Deshalb bin ich in den meisten (es gibt natürlich auch Grenzen) immer sehr verständnisvoll und freundlich.
Ich kann es nicht beschreiben, aber ab diesem Zeitpunkt änderte sich sein Verhalten. Er war unglaublich nett zu mir und schien nicht mehr wie jemand, der bloß darauf aus war, möglichst viel Geld aus einem Touristen zu machen. Wir haben begonnen über unsere Leben zu sprechen. Er erzählte mir, dass er IN Petra lebt und zwar - haltet euch fest - in einer Höhle. Seid ihr jemals einem Menschen begegnet, der in einer Höhle lebt? Ich war echt verblüfft. Als er dann auch noch anbot, mir zu zeigen, wo er lebt, war ich hin und weg. Ja, ich weiß, was jetzt viele von euch denken. Bestimmt ist bei vielen der Gedanke aufgekommen, dass er böse Absichten hätte. Bla bla bla. Ich vertraue in solchen Situationen immer auf meine Intuition und bei ihm hatte ich kein ungutes Gefühl. Ganz im Gegenteil, ich habe gespürt, dass er mich und vor allem mein großes Interesse für Jordaniens Kultur und Menschen sehr schätzte. Nach meiner Einwilligung, holt er seine beiden Esel und wir begeben uns auf den Weg. Es geht hoch hinaus. Und während es bergauf geht, singen wir das Lied "All the way up". Es wird zu unserer Hymne. "All the way up, nothin' can stop me" on repeat. Ich bin vorher noch nie auf einem Esel geritten. Dass ich dies in Petra fernab der touristischen Wege in Richtung einer Höhle machen werde, hätte ich nie gedacht. Deswegen liebe ich das Reisen so sehr. Ich weiß nicht, ob es meine Energie, meine Art oder mein Glück ist, aber ich ziehe solche magischen Momente bzw. solche wundervollen Menschen einfach jedes Mal an.
Wir sind angekommen. Er zeigt mir sein Zuhause. Ein Wohnzimmer und eine Küche. Alles ist auf dem Boden platziert. Im Wohnraum hängt ein Bob Marley Poster; er erzählt mir, dass er gerne Reggae hört. Außerdem liegen Polstermatten auf dem Boden, wo er entspannt und schläft. Seine beiden Esel verweilen vor der Höhle. Draußen hängen Socken, die sich von der prallen Sonne trocknen lassen. Er macht uns einen leckeren Tee.
Wir sitzen da, hören "All the way up" und genießen einfach den Moment. Viele Menschen meiden die Stille, vor allem mit Fremden, und versuchen sie mit allerlei belanglosem Gerede zu füllen. Wir aber haben es in dem Moment genossen, einfach dazusitzen, Tee zu trinken und Musik zu hören.
Eine wunderschöne Erinnerung, wenn ich an meine Reise in Jordanien zurückdenke. Nach einer Weile muss ich weiterziehen, schließlich gibt es noch den Rest von Petra zu besichtigen. Wir reiten wieder hinab und er zeigt mir, welche Orte ich unbedingt noch besuchen sollte. Wir tauschen unsere Nummern aus und versichern uns, uns wiederzusehen, wenn es mich wieder nach Jordanien verschlägt. Ich bin mit unglaublicher Dankbarkeit erfüllt, da ich Petra von einer ganz anderen Seite kennenlernen durfte. Nicht nur dieser Ort ist magisch, sondern auch die Menschen, die dort leben. Einmal mehr beweist mir das ganze, dass es unglaublich viel ausmacht, wie man Menschen, denen man auf seinen Reiserouten wie auch Lebenswegen begegnet, gegenübertritt (siehe dazu auch meinen Blogbeitrag "Ist Alleinreisen (als Frau) gefährlich?").
Fun fact: Ich weiß bis heute leider nicht seinen Namen. In meinem Handy habe ich ihn damals unter "All the way up" eingespeichert. Seitdem ich in Jordanien unterwegs war, hören wir uns sporadisch. Fragen uns gegenseitig, wie es dem anderen geht. Er hat mir sogar vor zwei Wochen geschrieben und meinte, dass aufgrund der Pandemie die Touristen heuer ausblieben, wodurch es derzeit sehr hart für ihn ist. Er ist dennoch positiv und hofft auf ein besseres Jahr. Falls es euch also einmal nach Petra verschlägt, lasst mich euch mit diesem herzlichen Menschen in Verbindung setzen.





















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